Frauenhaus begeht das 20-jährige Jubiläum

Frauen der ersten Stunde

„Noch heute sehe ich die Angst der Frau und ihrer Kinder in deren Augen.“ Waltraud Koller-Girke ist seit der ersten Stunde Ehrenamtliche im Frauenhaus. Ohne die Freiwilligen könnte die Einrichtung nicht laufen. Es ist nur Geld für drei Teilzeit-Hauptamtliche da.

fh20jahre

Neue Chefin zum 20-jährigen Jubiläum: Diakon Karl Rühl präsentierte Psychologin Ilkay Gebhardt (Zweite von rechts) als künftige Leiterin des Frauenhauses. Rechts Astrid Baierl, die mit Kollegin Tina Braun von Anfang an hauptamtlich dabei ist. Links Waltraud Koller-Girke, Ehrenamtliche der ersten Stunde. Bild: Schönberger

Diakon Karl Rühl hat daher ein Problem: Eigentlich will er das 20-jährige Jubiläum mit Sozialministerin Emilia Müller, Gospelchor „Hope & Joy“ und Häppchen gebührend feiern. Termin: Sonntag, 23. Oktober, 16.45 Uhr, St. Michael und Hans-Bauer-Saal. Die großartige Leistung der Diakonie und ihrer Mitarbeiterinnen könne nicht genug gewürdigt werden. Seit 1996 hat man 2400 Frauen und Kinder aufgenommen. 1500 Frauen wurden beraten.

Zu wenig Personal
Obwohl Rühl „wirklich nicht in Gejammere“ einstimmen will, muss er’s doch: „Der Stellenschlüssel ist zu knapp. Da muss Geld her.“ Noch immer ist ein Frauenhaus in Deutschland eine „Good-Will-Aktion“, was Waltraud Koller-Girke stark bedauert. „Das sollte eigentlich Grundsatzaufgabe des Staates sein.“ Bisher halten sich Freistaat und Bezirk raus. Träger und Kommunen (NEW, TIR, WEN) stemmen die Einrichtung fast allein. Die Diakonie zahlt jährlich 60 000 Euro und braucht zudem Spenden.

Das Problem zieht sich als roter Faden durch. Viele Frauen möchten irgendwann aus dem Frauenhaus in eine eigene Wohnung ziehen. Am liebsten in Weiden. Erschwinglicher Wohnraum ist Mangelware. „Der Markt ist abgegrast“, weiß Diakonie-Mitarbeiterin Astrid Baierl. Schwierig ist auch, dass bei der Stadtbau ein Schufa-Eintrag als Ausschlusskriterium gelte. Rühl: „Es gibt keinen sozialen Wohnungsbau. Den bräuchte es in Weiden dringend.“ Das sei „kein böser Wille“ der Kommunen: „Die sind super, aber klamm.“

Der Zuzug von Flüchtlingen hat die Situation verschärft. Eine Trennung sei im arabischen Kulturkreis nicht vorgesehen, was in einigen Fällen zu massiver Bedrohung der Frauen führte. Dazu kommen sprachliche Hürden und oft eine beachtliche Kinderschar. Das Frauenhaus ist in solchen Fällen überfordert: personell und räumlich. Platz ist für maximal sieben Erwachsene und sieben Kinder. Die Polizei behilft sich mit der Entfernung der renitenten Männer in andere Ecken Deutschlands, um die Situation zu entschärfen. Das Frauenhaus war auch 2016 zeitweise so gut belegt, dass keine Neuaufnahmen möglich waren. Niemand bleibt auf der Straße stehen. „Wenn das Haus voll ist, vermitteln wir weiter“, so Baierl. Die nächsten Frauenhäuser gibt es in Schwandorf, Regensburg, Selb, Bayreuth, in Amberg besteht eine Notwohnung. Manchmal schadet eine noch größere Entfernung nicht.

Tabu gebrochen
„Wenn man sieht, wie knapp wir aufgestellt sind, begreift man erst, was wir leisten“, sagt Mitarbeiterin Astrid Baierl. Im Rückblick kann sie der Entwicklung viel Gutes abgewinnen: 1996 sei noch die Notwendigkeit der Zufluchtsstätte angezweifelt worden. „Heute besteht nicht mehr das Tabu wie zur Entstehungszeit.“ Die Frauen bekommen nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern werden auf ihren Wegen zu Polizei und Gericht oder auf der Wohnungssuche unterstützt. „Dabei erleben wir viel unbürokratische Hilfsbereitschaft.“

Quelle: Der neue Tag 09.10.2016 www.onetz.de

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