Integrationslotsin Stefanie Wildenrother hat ein Ziel: Flüchtlinge und Menschen mit Migrationshintergrund sollen noch schneller Fuß fassen. Unterstützen könnten weitere Angebote wie ein neuer Sprachclub und der neue Ukraine-Verein. von Stephanie Hladik
Seit 2017 treffen sich im Sprachcafé der evangelischen Kirchengemeinde St. Michael, dem „Café Farbenfroh“, jede Woche Migranten und einheimische Bürger jeden Alters zu einem Kennenlernen, zu Gesprächen oder einem fröhlichen Miteinander bei einer Tasse Kaffee. Das Angebot ist beliebt und wurde 2023 mit dem Integrationspreis der Regierung der Oberpfalz ausgezeichnet. Menschen aus bis zu zwölf verschiedenen Nationen finden hier eine Gemeinschaft und schließen neue Freundschaften. Nebenbei erlernen sie die deutsche Sprache. Wichtig, um sich möglichst schnell vor Ort zu integrieren.
Das weiß Stefanie Wildenrother vom Diakonischen Werk Weiden nur zu gut. Seit zwei Jahren ist die Integrationslotsin Ansprechpartnerin für Neubürger und ehrenamtliche Helfer. „Natürlich unterstütze ich auch bei Behördengängen, aber vor allem bin ich dafür da, das Netzwerk weiter ausbauen“, sagt Wildenrother. „Hilfe zur Selbsthilfe“ fällt im Gespräch mit Oberpfalz-Medien immer wieder.
Sprachclub in Kreuz Christi
„Das Café Farbenfroh läuft super, aber mittlerweile ist es schon sehr voll. Aus der Gruppe heraus kam der Wunsch, die Sprachübungen zu vertiefen, eventuell in einem anderen Rahmen“, sagt Wildenrother. Die Idee zu einem Sprachclub reifte. Mit angeschoben hätten die zahlreichen ukrainischen Neubürger, freut sich die Integrationslotsin. „Die sind total umtriebig und erstaunlich gut vernetzt, unter anderem durch eine eigene WhatsApp-Gruppe. Das hat auch den Austausch mit Einheimischen forciert.“ Beim Probetermin für den neuen Sprachclub kamen über 50 Interessierte.
Jetzt will das multikulturelle Projekt richtig durchstarten. Am Mittwoch, 5. Juni, von 15 bis 17 Uhr trifft sich der Sprachclub wieder – immer im Gemeindezentrum Kreuz Christi am Stockerhutweg 37. Die Leitung hat die Ukrainerin Olena Riabinina übernommen. Ihr Mini-Job werde über die Lagfa Bayern, die Landesarbeitsgemeinschaft für gemeinschaftliches Engagement, gefördert. Als Bindeglied zur evangelischen Gemeinde fungiert Elisabeth Heider.
„Die Inhalte organisieren die Teilnehmer weitgehend selbst“, sagt Stefanie Wildenrother und gibt ein Beispiel. „Ob Syrer, Iraner oder Ukrainer, die Migranten wollen vor allem Ausdrücke des täglichen Sprachgebrauchs üben. Was sage ich zum Beispiel, wenn mir das Essen schmeckt? oder Wie erkläre ich, wenn etwas sauer ist? Besonders heiß sind sie aufs Bayerische“, sagt sie schmunzelnd. Und auch, wenn das „Griaß God“ oder „Hawadere“ holprig über die Lippen komme, helfe es ungemein, mit Einheimischen leichter in Kontakt zu kommen.
In das Konzept passt auch der neue Verein, die Ukrainische Gemeinde Weiden, der erst seit wenigen Tagen offiziell besteht. Nach Auskunft der Pressestelle der Stadt leben aktuell 801 Ukrainer in Weiden. Vereinsvorsitzende ist Iuliia Kumanska, ihre Stellvertreterin Oksana Lobodynska. Kumanska lebt seit 2020 mit ihrer Familie in Weiden, ist seit Dezember 2023 Mitglied im Integrationsbeirat der Stadt. Die studierte Philologin arbeitet als Pädagogische Fachkraft der Volkshochschule Weiden-Neustadt/WN. Ihr liegen besonders die Kinder und Jugendlichen am Herzen, wie sie sagt. „Für sie gibt es noch zu wenig Angebote. Oft bleiben sie nach der Schule unter ihresgleichen, in ihrer eigenen Blase. Der Verein kann hier vielleicht helfen, Dinge anzustoßen.“ So träumt Kumanska zum Beispiel von einem gemeinsamen Theaterprojekt. „International soll es sein“, sagt sie. Denn: Der neue Verein wolle für alle Nationalitäten da sein. „Er ist auf Kooperation ausgelegt“, ergänzt die Integrationslotsin, die das neue Angebot, ebenso wie ihr Chef Diakon Karl Rühl, sehr begrüßt.
Ukrainische Gemeinde Weiden
Langfristig sollen auch Beratungsangebote speziell für Frauen geschaffen werden. Damit wolle man auch die Frauen in der Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge im „Camp Pitman“ erreichen, die es besonders schwer hätten. „Auch eine ukrainische Samstagsschule für Kinder könnten wir uns vorstellen“, sagt Iuliia Kumanska. Eine solche gebe es bislang noch nirgends. Gut angelaufen sei bereits der Kontakt zur deutschen Pfadfindergemeinde (Stamm Thomas Morus) in Weiden, freut sich die Ukrainerin. „Unsere eigene Pfadfindergruppe (Plast) zählt schon 40 Kinder und Jugendliche.“
Integrationslotsin Wildenrother sieht die Projekte und den neuen Ukraine-Verein als ein Gesamtkonzept, das ineinander greift. „Die verschiedensten Nationen sollen sich austauschen, gegenseitig helfen und auch Neues anstoßen. Eben Hilfe zur Selbsthilfe. Nur so kann langfristig das Netzwerk auch wachsen.“ Doch sie weiß auch, dass es noch viel zu tun gibt. Die Angebote sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach wie vor Deutschlehrer fehlen und es nicht genügend Integrationskurse gibt. Zudem könnten viele Mütter, die keine Kinderbetreuung haben, Treffen nicht wahrnehmen, weist Wildenrother auf ein generelles Problem in der Migrationspolitik hin.
Spaß haben und Sprache lernen
- Sprachencafé „Café Farbenfroh“: 2017 von der Evangelischen Erwachsenenbildung und dem Diakonischen Werk initiiert. Findet wöchentlich mittwochs von 15 bis 17 Uhr im Betsaal der evangelischen Kirchengemeinde St. Michael, Pfarrplatz 6, statt.
- Sprachclub: Neu seit 2024; jeden Mittwoch 15 bis 17 Uhr im Gemeindezentrum Kreuz Christi
- Integrationslotsin der Diakonie Stefan Wildenrother: Büro in der Passage im Alten Rathaus, Weiden; Telefon: 0157/51197736