Tief ins Vergessenabgetaucht

Gisela Nohl thematisiert mit „D.a.S Theater“ im Sindersberger-Seniorenheim Demenzerkrankungen

Weiden. (sbü) Am Ende des 90-minütigen Theaterstücks von Joop Admiral, „Du bist meine Mutter“, vergingen mehrere Sekunden, bis Schauspielerin Gisela Nohl ihren verdienten Beifall bekam. Tiefe Betroffenheit war zunächst im Zuschauerraum zu spüren. Fast alle Erscheinungsformen der Demenzkrankheit waren im Schauspiel in beeindruckender Realität zu erleben.

Der Theaterabend war Auftakt der dreitägigen Feierlichkeiten zur Eröffnung des umgebauten und erweiterten Senioren- und Pflegeheims Eleonore Sindersberger. Diakonie-Vorstand Diakon Karl Rühl begrüßte die Besucher im Festzelt. Im Einpersonenstück des Kölner „D.a.S.Theater“ wechselte die Darstellerin ständig zwischen der Rolle der Tochter Hanna und ihrer demenz- und parkinsonkranken Mutter.

Mimik, Körperhaltung und Sprache mussten dauernd geändert werden. Schauspielerisch eine riesige Herausforderung, die souverän gemeistert wurde. Angehörige von Demenzkranken konnten viele Sätze wiedererkennen, die sie selbst immer wieder hören müssen. „Wo bin ich?“, fragt die 86-jährige Mutter mehrmals, obwohl sie schon seit drei Jahren in dieser Umgebung lebt. Geduldig bekommt sie die Antworten, auf die prompt der Vorwurf folgt: „Warum sagt mir das niemand?“ Erinnerungsfetzen aus der Vergangenheit („Metha hat Tabletten genommen“) wiederholen sich mehrfach auf die unterschiedlichsten Stichworte der Unterhaltung. Gefragt wird nach Personen, die entweder gestorben sind oder seit Jahrzehnten nicht mehr in der Umgebung der Kranken auftauchten. Kleidungsstücke werden nicht wiedererkannt.

Tragikomisch wirkt es, wenn die Mutter zur 59-jährigen Tochter sagt „du bist aber gewachsen“ und sich selbst für „50 oder 40“hält. Die Mitbewohner werden bedauert „die sind arm dran“ , und die Tochter wird diesen bei jedem Besuch neu vorgestellt. Dass jedoch manchmal auch Momente gedanklicher Klarheit vorkommen, gehört ebenso zum realistisch dargestellten Krankheitsbild.
Ganz groß wurde die Verwirrung der Kranken im Theaterstücknach dem Sturz aus dem Bett und der Einlieferung ins Krankenhaus. Der letzte Satz im Schauspielfällt dort und heißt, „ich will nicht mehr“. Regie führte Bernd Rieser. Laut Diakon Rühl soll zukünftig zweimal im Jahr im „Sindersberger“ Theater gespielt werden.

Quelle: Der neue Tag, Printausgabe vom 30.06.2018

Comments are closed.