Archive for März, 2012

Eis zwischen Generationen bricht schnell

Freitag, März 30th, 2012

Speichersdorf/Kemnath. In einem sechswöchigen Projekt arbeiten vier Mädchen und ein Junge aus der 9. Klasse der Realschule Kemnath mit ihrer Religionslehrerin Gertraud Burkhardt im Luise-Elsäßer Seniorenheim in Speichersdorf. Anja Seifert, Nadine Schraml, Kristin Sellner, Julia Neuner, Fabian Popp wohnen selbst in der Gemeinde. Bei der Physiotherapeutin Kati Estler fanden sie eine gute Ansprechpartnerin, und es dauerte nicht lange, bis das Eis gebrochen war.

 

Mit Kennenlernspielen, Spaziergängen und Basteltagen war der Kontakt zu den Senioren schnell hergestellt. Für das nahende Osterfest bastelten Schüler und Senioren Osterschmuck. Besonders schätzen die Senioren, wenn der Opa von Kati Estler mit dem Schifferklavier aufspielt und alle Volkslieder singen.

Die Interessen haben sich mit den Generationen verändert – manche aber auch nicht. Osterschmuckbasteln macht den Senioren und den Schülern um Lehrerin Gertraud Burkhardt (Zweite von links) und Physiotherapeutin Kati Estler (Zweite von rechts) gleichermaßen Spaß. Bild: hfz

In den Fängen der Putzperle

Donnerstag, März 29th, 2012

Besuch von Norbert Neugirg begeistert im Sindersberger Altenheim 70 Senioren und Frau Huber

Weiden. (mte) Eine liebestolle Putzfrau, ein heißer Tanz zu Samba-Klängen und das vor Senioren, die zuvor reihenweise Witze auf seine Kosten gemacht haben. Das hat Norbert Neugirg wohl nicht erwartet, als der Kommandant der Altneihauser Feierwehrkapell’n zugesagt hat, unter der Leselampe im Sindersberger-Altenheim Platz zu nehmen.

 

Nun ist es zu spät … Also schlürft er scheinbar gelassen vor rund 70 Senioren aus dem Sindersberger – Altenheim und vor Gästen aus dem Michaelszentrum sein Lieblingsgetränk: Ingwer-Tee. Der soll gut für die Stimme sein. Bei Putzperle Frau Huber (alias Gerlinde Kledtke, Gerontofachkraft) macht sich die Wirkung deutlich bemerkbar: Ohne Unterlass schwärmt sie von ihrem „Herrn Norbert“ und schimpft über die vielen Gäste im Saal. Wollte sie doch ganz ungestört mit ihrem „Herrn Norbert“ in der Sofaritze verschwinden …

 

„Voll peinlich“ findet das Fonsi, der Sohn der Putzperle. Ihn mimt Tina Meyer, Beschäftigungstherapeutin im Seniorenheim. Heimleiter Bernd Hensel zupft die Saiten seiner Gitarre und die Senioren üben sich kurz in Thrombose-Prophylaxe, indem sie schmissig Gymnastik machen. So verrinnen die Minuten und Norbert Neugirg tut das, wofür er sonst eher weniger bekannt ist: Er hält die Klappe und hört zu. Zum Beispiel der Heimbeiratsvorsitzenden Anneliese Hein, die dichtet: „Alter kommt auch in Ihrem Leben, möge es Ihnen dann auch viel Freude geben.“

 

Nach etwa 20 Minuten die Sensation: Neugirg kommt doch zu Wort. Nein, eine Zangengeburt war er nicht, als er am 8. Oktober 1960 als erstes von fünf Kindern im Erbendorfer Krankenhaus zur Welt kam, sofort in Quarantäne musste und gierig Muttermilch in sich aufsog. Seine vor allem in Franken gefürchteten Talente hätte ihm wohl der Großvater väterlicherseits als Tubaspieler und Dichter „über irgendwelche Sekrete“ mitgegeben. „Ja, ja mit Sekreten kenn’ ich mich aus. Wenn S’ da herinnen putzen“, nickt Frau Huber, nippt vom Ingwer-Tee und hört vom „Rampensau-Gen“, das einzig Neugirgs Sohn mitbekommen habe.

 

Frau verdient das Geld Zwei weitere Kinder hat der Kommandant der Altneihauser noch, erfuhren die Senioren. Die 16 Jahre alte Tochter zum Beispiel, die ihren Vater zu guten Zeiten „peinlich“ und in schlechteren Momenten „übelst peinlich“ findet. Dabei ging’s mal ganz bieder zu in Neugirgs Leben.

Bürokaufmann habe er gelernt und zuletzt begleitend zum Künstlerdasein als Abteilungsleiter in der Porzellanindustrie in Eschenbach gearbeitet. In dem Moment dämmert es Anneliese Hein: „Deshalb ist die Industrie eingegangen“, meint die Seniorin frech. Tatsächlich könnte hier ein Zusammenhang bestehen, kontert Neugirg: „War ich doch zuvor im Bleikristallbereich tätig.“

Und nun tritt er mit seiner Kapell’n bei der Frankenfastnacht auf. „Aber da gibt’s doch nur eine Aufwandsentschädigung. Wie wollen Sie Ihre Familie ernähren? Mit Bücher schreiben? Da wird wohl die Frau schon immer arbeiten gegangen sein“, mutmaßt die Putzperle. Ja, die Frau sei eine fleißige Beamtin, sagt Neugirg. Er dagegen ein fleißiger Spazierer. „Täglich übe ich mich daran, mindestens eine halbe Stunde an der frischen Luft flott an jedem Wirtshaus vorbeizugehen.“

„Und wie machen Sie das mit ihren schwarzen Zähnen?“, will Anneliese Hein wissen. Mit handelsüblichem Zahnschwarz, verrät Neugirg und erklärt: „In Gelb gibt es das auch.“ – „Das nehmen wir hier alle“, ruft eine Seniorin aus der letzten Reihe in Richtung Sofa. Die Damen ganz vorne weisen derweil die Putzperle auf ihre Pflicht hin: „Der Herr Neugirg hat keinen Tee mehr.“ Dabei muss er doch gut bei Stimme sein, wenn er verbal bis ins Jahr 1985 zurückblickt. „Am Faschingssamstag hat sich die Feierwehrkapell’n mit fünf Mann gegründet.“ Nur drei davon sind heute noch dabei. „Der Rest ist gewachsen. Das kann man nicht casten.“

Ins Fernsehen sei die Kapell’n erst Mitte 2000 gekommen. Obwohl Neugirg bereits 1999 in Franken einen Zettel mit einer Telefonnummer zugesteckt bekommen hat. „Da hätte ich mich melden sollen, weil’s in Franken eine Kapelle gesucht haben. Ich dachte mir, da rufst nicht an, des kannst erwarten. Dann hat’s sechs Jahre gedauert.“ Mittlerweile hat es Tradition, dass Neugirgs Truppe die Franken piesackt. „Haben Sie eigentlich fränkische Freunde?“, will Frau Huber wissen. „Wenn wir dort spielen, platzen die Säle aus allen Nähten“, antwortet Neugirg. Und auch die Prominenten seien der Kapell’n nicht böse. Ganz im Gegenteil: „Wir haben sogar bei Seehofers 60. Geburtstag gespielt.“

 

Auf Tuchfühlung Aktuell arbeitet Neugirg an Texten für den Deutschen Internistenkongress in München. „Geht’s da ums Herzklopfen?“, fragt die Putzperle und fasst sich ans Dekolleté. „Da geht’s mehr um Darmsachen“, enttäuscht Neugirg die liebestolle Frau Huber. Deren Blick wandert doch glatt tiefer und prompt schafft sie es doch noch, mit ihrem „Herrn Norbert“ auf Tuchfühlung zu gehen. Hingebungsvoll tastet sie seine Körpermitte ab. Frau Huber sucht Neugirgs angebliche Problemzonen, bevor sie ihn zum Abschlusstänzchen mit ihr und den Senioren bittet und bilanziert: „So hat diese Couch noch nie gewackelt.“

Quelle: Der neue Tag, www.oberpfalznetz.de

Ein Kaufhaus für Möbel, Kleidung und mehr

Mittwoch, März 7th, 2012

Diakonie eröffnet ein „Gebrauchtwarenkaufhaus“ – Arbeit für Menschen mit Handicap

 

 

Eine Vielzahl an Ehrengästen drängt sich im neuen Möbelhof der Diakonie.

 

Cham. (ge) Sofa, Jacke oder Nähmaschine – der „Möbelhof“ der Diakonie hat einiges zu bieten. In der ehemaligen Werkhalle eines Grillgeräteherstellers in Katzbach hat der Wohlfahrtsverband seinen neuen Ableger eröffnet. Gestern spendete Dekan Walter Kotschenreuther im Beisein zahlreicher Ehrengäste den kirchlichen Segen.

 

„Zum 50. Geburtstag habe ich mir die ‚Tafel‘ gewünscht. Zum 55. Geburtstag habe ich festgestellt, dass wir als Ergänzung einen Möbelhof brauchen“, stellte Dekan Kotschenreuther lachend fest. Die Idee ist Realität geworden. Seit August 2011 werden in der Fabrikhalle gebrauchte Haushaltsgüter günstig angeboten. Dazu hatte sich der Chamer Verband Unterstützung aus Weiden geholt. Cham ist der vierte Werkhof, der unter dem Dach der Diakonie Weiden eröffnet worden ist. Die Initiative geht auf das Jahr 1985 zurück, erklärte Markus Friedrich, Sozialarbeiter der Diakonie Weiden, in seinem Grußwort. Damals schnellte die Arbeitslosigkeit in der Oberpfalz enorm nach oben. Um den Betroffenen zu helfen, wurde die Idee des „Gebrauchtwarenkaufhauses“ geboren. Drei Ziele führte Friedrich als Beweggründe an: ,,Wir wollen gebrauchte Artikel vor dem Wegwerfen bewahren, wollen Bedürftigen günstige Möbel anbieten und Arbeitslosen eine sinnvolle Beschäftigung geben.“

 

Arbeit ist Berufung

Um die vier Möbelhöfe auf eine neue rechtliche und finanzielle Basis zu stellen, hat die Diakonie die „Aktion Mensch“ ins Boot geholt und wird eine Integrationsfirma gründen. Sprich: Die Hälfte der Mitarbeiter soll schwerbehindert sein. Die noch zu gründende GmbH wird, so Friedrich, eine „schwarze Null“ schreiben. „Wir sind nicht gewinnorientiert“, fügte Karl Rühl, Vorstand der Diakonie Weiden, an. Aber die verschiedenen Einrichtungen müssen sich finanziell tragen. Bühl wies zudem auf die „sinnstiftende Bedeutung der Arbeit“ hin. Der Vorstand: „Wir bieten keine Almosen, sondern Arbeit. Arbeit ist Berufung.“

 

Die Entstehung des Chamer Möbelhofes erläuterte Oswald Probst, Geschäftsführer des Diakonischen Werks Cham und Regen. Schon von Beginn an war das Interesse enorm. „Lieferanten hatten wir genügend. Was bisher noch gefehlt hat, waren die Kunden. Die Nachfrage zieht jetzt aber spürbar an“, stellte Probst zufrieden fest. Er betonte, dass sich das Angebot – vom Löffel bis zum Kinderbett – nicht nur an sozial Schwache wendet. Probst: ,,Auch Chefärzte dürfen bei uns kaufen.“

 

Ein „Dankeschön für die Initiative“ sagte Sozialstaatssekretär Markus Sackmann. An Dekan Kotschenreuther gewandt, stellte der MdL fest: „Sie sind die Triebfeder für diese Projekte.“ Sackmann wies auf die vielen Initiativen im Freistaat hin, räumte aber auch punktuellen Nachholbedarf ein: „Trotz einer guten Arbeitslosenquote von derzeit 5,2 Prozent gibt es Bevölkerungsschichten, an denen der Aufschwung vorbeigeht.“

 

Dies unterstrich Landrat Franz Löffler in seinem Grußwort. Den Möbelhof wertete er als Baustein für mehr „soziale Gerechtigkeit in einem wirtschaftlich aufstrebenden Landkreis“. Bürgermeisterin Karin Bucher betonte die vielschichtigen Chancen, die die Einrichtung eröffnet: Sie bietet Arbeit und verwertet gebrauchte Waren. Bucher outete sich als EBay-Fan, der mit Secondhand-Kleidung kein Problem hat.

 

„Innovative Idee“

Mit Hans-Peter Hausladen, stellvertretender Leiter der Arbeitsagentur im Landkreis Cham, sowie Josef Beer, Geschäftsführer des Jobcenters, waren auch zwei Kooperationspartner der Diakonie gekommen. Beer erklärte, dass 70 Prozent der Hartz-IV-Empfänger Handicaps haben, Sein Fazit: „Wir brauchen also solche innovative Ideen.“

CHAM Samstag, 3. März 2012