Gehirn schrumpft nicht wie ein Kaugummi

Diakon Karl Rühl fordert Senioren auf, in Bewegung zu bleiben – „Nein-Sager“ werden ernster genommen

 

Kaltenbrunn. (bk) „Bewegung ist die Grundlage für ein sinnvolles Leben im Alter und ist Grundlage dafür, dass das Gehirn aktiv bleibt. Dies schrumpft nicht wie ein Kaugummi, sondern wächst bis zum Schluss.“ So unterhaltsam stieg Diakon Karl Rühl beim Senioren-Nachmittagstreff im vollen Gemeindehaus in seinen Vortrag ein.

„Proben Sie den Aufstand“

Der Vorstand des Diakonischen Werkes Weiden verglich den Menschen mit einem Baum als dem ältesten Symbol für Leben. Würdevoll und nützlich zugleich könne ein Baum bis ins hohe Alter Früchte tragen. Ein Baum sei verbunden mit der Umwelt, aber lebe selbstständig. Die Kunst der Selbstständigkeit bedeute nicht nur Ja-Sagen. Menschsein heiße vor allem auch, Nein-Sagen zu können. „Proben Sie ruhig ab und zu den Aufstand und sagen Sie Nein. Die Welt wird Sie ernster nehmen“, meinte der Existenzanalytiker und Viktor-Frankl-Schüler Rühl. Menschen wie Bäume brauchten eine Quelle, aus der sie schöpften, fuhr er fort. Ein stabiler Baum brauche ein tiefes Wurzelwerk. Als Christen hätten wir eine reiche Tradition, um nicht nur den äußeren, sondern auch den inneren Menschen zu pflegen, betonte der Diakon.

 Schaffen, erleben, erleiden

„Doch wir entdecken immer wieder viele Anzeichen des Ausdürrens. Wie dünne und breite Ringe am Baum gibt es starke und schwache Zeiten. Wir sehen an einer Baumscheibe Krankheiten, Schicksalsschläge und dennoch ist der Baum reif und gewachsen“, bemerkte Rühl. Unheilbare Krankheit, Tod, Schuld stellten den Sinn vehement in Frage. Doch wie ein Baum, so seien auch wir fähig, trotz und in der Tragik Segen und Sinn zu finden. Grundsätzlich gebe es nach Frankl drei Straßen zum Sinn: Schaffen, Erleben und Erleiden. Ein Baum speichere unter der Rinde laufend Nährstoffe. So sei es auch mit den Botenstoffen in unserem Gehirn, die für die Sinnerfahrungen sozusagen den Unterbau bildeten, erklärte Rühl. Dopamin sei die Rakete, der Antrieb in uns. „Sie geht an, wenn wir was begehren, wollen oder wünschen. Ohne diese Rakete bringen wir nicht einmal die Haxen aus dem Bett“, meinte der gebürtige Altmühltaler humorig.

Nur nicht rasten

Beta-Endorphin sei ein Schmerzkiller. „Wer viel lacht, der schüttet diese Glückshormone im Gehirn aus.“ Weiter ging es mit Serotonin und Oxytocin, das durch Beziehungen, Freundschaften, Nähe, Vertrauen, Gottvertrauen oder Gebet aktiviert werde. All das Aufgezählte gehe einher mit der Bewegung. „Wer rastet, der rostet. Wer seinen Arm nicht mehr bewegen kann, soll seine Hand bewegen. Wenn das nicht mehr geht, dann eben den Finger. Aufgegeben wird am Schluss. Und nicht früher“, unterstrich der Chef von 340 Mitarbeitern humoristisch und an Hand von Beispielen.

Quelle: Der Neue Tag Weiden, 19.01.2012 www.oberpfalznetz.de

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