Zwei Frauen in Not suchten dringend Zuflucht Frauenhaus Weiden existiert seit 15 Jahren
Weiden. (ps) Das Frauenhaus Weiden war noch gar nicht eröffnet. Da suchten bereits die ersten beiden Frauen mit ihren Kindern Zuflucht. Im Dezember 1995 war das. Die Eröffnung erfolgte im Januar 1996. „Dabei meinten viele damals, in der Oberpfalz ist die Welt noch in Ordnung“, erinnert sich Gleichstellungsbeauftragte Monika Langner. „Gewalt in der Familie war ein Tabuthema.“
15 Jahre Frauenhaus Weiden. Zeit für einen Blick zurück. Die rosarote Brille von damals kann heute niemand mehr aufsetzen. Dafür sprechen die Zahlen eine zu deutliche Sprache: 927 Frauen mit 966 Kindern fanden seit der Eröffnung in der Einrichtung Schutz und Hilfe. „Das zeigt, wie notwendig die Einrichtung ist“, betont Monika Langner, die mit dem Frauenhaus von Anfang an eng zusammenarbeitet. „Der Vater des Hauses“ ist nach ihren Worten Josef Gebhardt. Der damalige Geschäftsführer des Diakonischen Werkes hat das Frauenhaus unter der Trägerschaft der Diakonie realisiert.
„Zweifel haben sich gelegt“ „Eine politische Umsetzung wäre damals schwierig gewesen“, erinnert sich Waltraud Koller-Girke. Ein entsprechender Antrag der SPD hatte kaum Aussicht auf Erfolg. Die Stadträtin engagiert sich von Anfang an als Ehrenamtliche in der Einrichtung. Bei den hauptamtlichen Kräften gab es seitdem einigen Wechsel. Die jetzige Leiterin Marianne Kleber-Meierhöfer wird von der Sozialpädagogin Astrid Baierl und der Kinder und Familienpflegerin Tina Braun unterstützt. „Die Anfangszweifel haben sich ganz schnell gelegt“, weiß Kleber-Meierhöfer. Kein Wunder: Durchschnittlich 66 Frauen mit 69 Kindern finden pro Jahr Aufnahme im Frauenhaus. Auch jetzt sind die Räume mit sieben Frauen und sechs Kindern voll belegt. „Wir mussten deshalb erst vor wenigen Tagen eine Frau an eine andere Einrichtung verweisen. Das kommt immer wieder vor.“ Die Frauenhäuser in Regensburg, Bayreuth oder im Landkreis Schwandorf stehen als Alternativen bereit.
„Die meisten Frauen kommen von sich aus zu uns.“ Für Marianne Kleber-Meierhöfer ein Zeichen, dass die Einrichtung nicht nur von Politikern und Gesellschaft längst anerkannt ist, sondern auch von den Betroffenen selbst. Aufnahmen sind an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr möglich. „Ohne Ehrenamtliche wäre das nicht zu leisten.“ Sie übernehmen die Rufbereitschaft nachts und an den Wochenenden. Dabei werden Haupt- und Ehrenamtliche mit schwierigen Lebensgeschichten konfrontiert. Vergewaltigungen, Schläge, Demütigungen, Beleidigungen: Die Opfer haben das oft jahrelang ertragen bevor sie Hilfe suchen. Waltraud Koller-Girke erinnert sich noch gut an eine Frau aus dem Landkreis: „Nachts um 11 Uhr rief sie an, stand mit ihrem Auto in der Stadt. Sie wollte mit mir sprechen, war sich noch nicht klar, ob sie ins Frauenhaus wollte, sollte… Ich ging zu ihr.“
Bis 1 Uhr nachts dauerte das Gespräch im Auto. Dann stand die Entscheidung fest: „Sie fuhr nach Hause, um ihre Kinder zu holen und am nächsten Tag ins Frauenhaus zu kommen.“ Die ehrenamtliche Helferin machte aus Sorge um die Mutter in dieser Nacht fast kein Auge zu. „Das ist schon belastend“, gesteht sie ein. Es gibt aber auch die schönen Momente: „Wenn man merkt, wie die Frauen – wenn sie erst mal im Frauenhaus sind – Ruhe und Sicherheit genießen, entspannen, sich von der Angst lösen.“ Den Hauptamtlichen macht sie in diesem Zusammenhang ein dickes Kompliment: „Sie machen ihren Beruf nicht einfach so, sondern aus Überzeugung. Sie sorgen dafür, dass die Frauen ein Gefühl der Sicherheit erhalten.“
Dank an Unterstützer Diakon Karl Rühl, Vorstand der Diakonie Weiden, dankt in diesem Zusammenhang besonders der Stadt Weiden und den Landkreisen Neustadt und Tirschenreuth für die finanzielle Unterstützung. „Ohne das wäre die Einrichtung nicht finanzierbar.“ Und den zahlreichen Spendern, die das Frauenhaus fördern. Spenden von „Inner Wheel“ und „Adventslicht“ haben jüngst den Start einer Kunsttherapie ermöglicht, in der die Kinder ihre Ängste verarbeiten können. Marianne Kleber-Meierhöfer freut die Unterstützung noch aus einem anderen Grund: „Das zeigt, dass unsere Arbeit anerkannt wird.“
Stadtrat genehmigt einmütig weiteren Zuschuss für die Einrichtung der Diakonie – In 15 Jahren 927 Frauen betreut
Weiden. (ps) In den 15 Jahren seines Bestehens hat das Frauenhaus Weiden 927 Frauen und fast ebenso vielen Kindern Zuflucht gewährt. „Das Frauenhaus macht einen großartigen Job“, berichtete Stadtrat Lutz Rittmann über seine Erfahrungen als Rechtsanwalt von Betroffenen. „Man müsste eigentlich noch mehr Geld dafür in die Hand nehmen.“
Noch mehr Geld als beantragt will der Stadtrat der Einrichtung des Diakonischen Werkes zwar nicht zukommen lassen. Über die 6150 Euro, die ab sofort jährlich als Zuschuss zu den Sachkosten neu gewährt werden sollen, herrschte allerdings Einigkeit bei allen Parteien. Die Mittel sollen laut Stadtkämmerin Cornelia Taubmann noch im Nachtragshaushalt bereit gestellt werden.
Bereits seit 1996 beteiligen sich die Stadt Weiden, die Landkreise Neustadt und Tirschenreuth an der Finanzierung der Grundkosten für das Frauenhaus. Das Diakonische Werk Weiden dagegen hat als Träger bisher Verwaltungs- und Sachkosten sowie die Miete und Mietnebenkosten allein finanziert.
Steigende Kosten
Doch auch die Diakonie bleibt von Geldsorgen nicht verschont. Unter anderem, weil sich die Refinanzierungsmöglichkeiten sozialer Arbeit in den vergangenen Jahren stark verändert haben. Der Renovierungsbedarf am und im Haus, gestiegene Energiekosten und größere Neuanschaffungen, die nach 15 Jahren für die Unterbringung erforderlich sind, machen sich natürlich ebenfalls bemerkbar. Deshalb hat die Diakonie die Kommunen um eine Mitfinanzierung der Sach- und Mietkosten gebeten.
Taubmann stellte die in mehreren Gesprächen mit der Diakonie erzielte Einigung vor: 45 000 bis 60 000 Euro fallen jährlich für Verwaltungs-, Sach-, Miet- und Nebenkosten an. Rund zwei Drittel davon trägt weiterhin die Diakonie. Den Rest – maximal jedoch 15 000 Euro pro Jahr – sollen sich Weiden, Neustadt und Tirschenreuth teilen: je nach Anzahl ihrer Bürgerinnen, die im Frauenhaus
Zuflucht finden. Durchschnittlich 41 Prozent der Hilfesuchenden kamen in den vergangen vier Jahren aus der Max-Reger-Stadt. Das würde pro Jahr rund 6150 Euro zusätzlich bedeuten, rechnete Cornelia Taubmann vor.
Die Kreistage von Neustadt und Tirschenreuth haben der neuen Vereinbarung bereits zugestimmt. Auch die Weidener Stadträte genehmigten die neue Regelung. Stadträtin Waltraud Koller-Girke hatte die aktuellen Zahlen von 2010 vorliegen, um zu
untermauern, dass der Zuschuss gerechtfertigt ist.
20 Frauen aus Weiden
Von den 54 Frauen kamen 20 aus dem Stadtgebiet, 13 aus dem Landkreis Neustadt und 3 aus dem Landkreis Tirschenreuth. 5 Frauen flohen aus anderen Bundesländern nach Weiden, weil sie hier Verwandte haben oder hier geboren wurden. Die restlichen 9 Frauen stammten aus den Bereichen Amberg-Sulzbach, Schwandorf oder Cham. Koller-Girke: „Das gleicht sich aus. Dort gehen auch Weidenerinnen hin.“
Quelle: Der neue Tag , Mittwoch 11.Mai2011 www.oberpfalznetz.de
Auf weitergehende Unterstützung der Stadt sowie der Landkreise Neustadt/WN und Tirschenreuth baut auch das Frauenhaus in der Max-Reger-Stadt. Problem: Das finanzielle Polster der Diakonie als Trägerin reicht nicht mehr aus, um die Verwaltungs- und Sachkosten zu decken. Zu letzterem wäre sie nach einer Vereinbarung aus dem Jahr 1996 verpflichtet. Im Ausschuss für Jugendhilfe und soziale Fragen warb Gabriele Laurich (SPD) um Hilfe für die unbestritten wichtige Einrichtung, in der sie sich ehrenamtlich engagiert.
Zusätzlich zum gewohnten Kostenaufwand kommen auf die drei Gebietskörperschaften nun Mehrkosten von je 15 000 Euro pro Jahr zu. Das Gremium richtet eine entsprechende Empfehlung an den Finanzausschuss. (rg)